Himmelsweh

Im Morgen treibt das Seitenblicken davon und allmählich lassen wir die Stimmen fortwehen. Dann ist da der kurze Rausch der glitzernden Splitter in deinen Augen, das Hängen in Gedankenlosigkeit und der Geschmack von Weinresten auf den frühen Stunden. Unsere freundschaftliche Distanz hat keinen Raum mehr. Und ohne weiteres Zögern greifen meine Lippen nach dir. Ich falle entlang deiner Zähne, aber dein Mund fängt mich auf, und ich verfange mich in dir.

Ich will dich nicht loslassen. Nicht jetzt. Ich will dich noch länger so spüren. Deinen flachen Atem an meinem Hals, den weichen Flaum in deinem Nacken, den warmen Taumel auf deiner Schulter, das Kribbeln deiner Hände, das Flehen deiner Haut. Ich will all das an mich reißen, es so fest an meine Brust pressen, dass mir davon die Luft ausgeht. Ich möchte dich nicht gehenlassen. Ich will diesen Abschied vermeiden, um nicht wieder an unvollendeten Geschichten schreiben zu müssen. Ich möchte keine Worte aufstellen, die Schwere zelebrieren. Keine Unmöglichkeiten hereintragen.

Also sag kein Wort mehr. Stell das Glas zur Seite. Gib mir deine Hand, leg sie in meine, lass mich nach deinen Haaren greifen, lass meine Finger durch deine Strähnen tändeln. Und lass uns diese Nacht so lange mit tanzenden Zungen verschleppen, bis wir uns nicht mehr wie kleine Kinder, die etwas angestellt haben, verstecken müssen.

Doch dann: Ein letzter Blick, die Tür schließt sich. Und zurück bleibt eine Frage: Wieviele Wahrheiten kann es geben, wenn jede richtig ist, doch keine der Realität entspricht?

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