kein liebesbrief

die vögel fliegen heute tiefer über der stadt. vielleicht spüren sie, dass etwas nicht stimmt. vielleicht waren auch sie es, die das azurblaue meer geteilt und einen dunkelgrauen schleier am himmel verteilt haben. vielleicht ist es der richtige abend für einen brief, den ich nie abschicken werde. aber trotzdem schreiben muss.

denn etwas sticht. spürst du es auch? es windet sich wie ein aal. es fragt. es schweigt. es ruft. ist lautlos. und sticht. mal in der magengrube. mal tief im herzen. es ist etwas, das andenken bewahren will. das sich jeden morgen wiederbelebt. das sich nicht wegspülen lässt. ich muss es frei lassen. damit es sich nicht länger an mir festhält. so wie du dich viel zu lange an mir festgehalten hast. obwohl ich dich davor gewarnt habe, gefährdet zu sein. aber deine bisse gingen tief. für sie habe ich mein bestes lächeln aufgesetzt.

ich habe versucht, einen kreis um uns zu ziehen. einen kreis aus zuversicht und lebensleichter sorglosigkeit. um dir einen ort zu formen, an dem du zu hause sein kannst. ein ort, an dem du geborgen bist. an dem der duft frischer blumen auf dich wartet. ich habe versucht, ein gegenpol zu der ungewissheit in deinem leben zu sein. ich wollte dir zeigen, dass dich erst deine fehler und verrücktheiten zu der frau machen, die ich mit einem grinsen auf den lippen vermisst habe, wenn sie auf reisen war. deren mut mich mit stolz erfüllt. und deren schwächen sie nicht angreifbar, sondern nur noch wertvoller machen. der ich zutraue, diese welt mit einem wimpernschlag untergehen zu lassen. und mit nur einem lächeln die trümmer wieder hinfortzufegen. du bist eine frau, die es nicht nötig hat, sich unter wert zu verkaufen. du bist großartig. so wie du bist. ohne abstriche. ich weiß, wovon ich schreibe. ich durfte für einen kurzen augenblick auf deiner seele spazieren.

aber bei herzensangelegenheiten ist überzeugungsarbeit vergebene liebesmüh. ich habe gegen verschlossene türen geklopft. und dabei alle warnschilder außer acht gelassen. weil ich auf der suche nach einem schlupfloch war. weil ich händeringend zwecklose worte wie einen roten teppich auslegen wollte, auf dem der tanz durch einen warmen sommerregen möglich schien. und bin damit schlussendlich doch nur im selbstbetrug baden gegangen. dem alltagsmärchen, das ich mir für uns ausgedacht habe, überlässt du einen letzten seufzer. wahrheiten, das sind die dinge, die man sich nicht ausdenken kann. unsere hast du irgendwo zwischen den zeilen aufgesammelt. während ich noch über dem schriftwerk hing.

mein herzschlag hat unsere schritte überholt. noch immer presse ich meine hände auf die ohren, um den nachhall des abschieds nicht hören zu müssen. in schlaflosen nächten denke ich daran, wie gerne ich neben dir wach lag. weil ich dir dann beim schlafen zusehen konnte. weil die zufriedenheit in deinem blick jede einzelne stunde zu dickflüssigem sirup werden ließ, an dem ich mich mit freude betrunken habe. vielleicht zu sehr. vielleicht zu oft. vielleicht habe ich mich deswegen in dir verlaufen.

manchmal kommt man an einen punkt, an dem man merkt, dass nichts mehr an seiner gewohnten stelle ist. man sitzt immer noch am tisch. obwohl der andere längst aufgestanden ist. und im raum der nachgeschmack von teenagerküssen noch an den wänden haftet. man wartet darauf, das vertraute gesicht am fenster zu sehen. bereit für einen bummel durch die stadt. aber das warten ist vergebens. und diese stadt ist auch nicht mehr die gleiche. ihre farben sind verblasst. das sonnenlicht hat ihren glanz ausgewaschen. und nun schleppt sie sich grau meliert durch die leeren tage. hier und da sind noch ein paar abdrücke von uns im straßenpflaster. doch auch sie verwelken allmählich unter dem trampeln der fußgänger. löwen fressen herzen auf – dieser satz hängt noch an mir. dennoch, ich stehe auf und ziehe weiter. von einer tür zur nächsten. mit nichts als erinnerungen in den taschen.

you’re such a beautiful freak
i wish there were more just like you
you’re not like all of the others

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