herzköpfen

lippe, du zimtverzücktes! wolkenstück …
beginn: geköpfte herzen aufzufangen.

dein beben löscht verkippte kummer-
strahlen! violett hinweg …

mit schleichend wasser! trink ich aus
den mund … bereit, zu übernachten.

tränen, heute nicht! denn alles sonnen-
licht entklammert mich …

gedankenlos

wir gingen vorbei
an felsigen wellen /
jetzt stehen wir hier
und warten / auf die
nächste u-bahn

sie grollt durch
den schlund / und ich /
ich denk an nichts

weißclown

in der manege:
das licht färbt
den weißclown.

noch immer:
schwarz betont
die augenbraue.

doch sag: wer
soll lachen / wenn
er einsam ist?

kurz notiert

turteltaube, du: du
steigst durch eine
überdosis bitterkeit

und da: da steht
die böse neue zeit
und drängt

und ich: ich stürze
wieder rein ins wort;
mit vollen flaschen
wut in jeder hand

kreta

als zwei zimtspitzen unter deinem kleid
lachten / an einem sommerabend fern
von hier / und wie gezuckerte knospen
über schaumwellen / im klaren mondlicht
schwammen / nahm ich deinen mund
als süße vorspeise / und ließ meine
zunge wie einen vagabunden / durch
deinen warmen atem wandern // später
liebkosten deine nackten schritte den
strand / und ich blieb taumelnd hinter
dir / um den sorglosen tanz deiner beine
zu sehen / zwischen denen ich in diese
nacht eintauchen wollte / um dort den
rest meines lebens zu verbringen // hatten
wir damals nicht so viel meer vor augen?

erfüllungsmelancholie

weck mich bei sonnenaufgang, sofern
dein atem flachen nebel streut; behutsam.
streich die schwerelosigkeit hinweg und
gönn der früh ein träges insichkehren.

denn vor dem eingang wartend: glaswolken,
verhüllt mit inkarnat. und unlängst todgeweihte
sollbruchstellen, die auf dächern nackte tänze
in den himmel stampfen. kawummste laut-

malerei, die gedröhne übergänglich macht.
nichtsdestotrotz gibt tagwerk heut bekannt:
durch deine hand will ich aus rohem denken
mich selbst verstärkt bekennen; aufrecht.

dem schulde ich kein anderswo, das diesen
einfall ewiglich umschließt. dem ergebe ich
mich, wie das kläffen dem hund, wie das licht
dem tag, wie das schwarz der ewigkeit. und

werfe glut in diese stunden; glimpflich, fried-
erfüllt. bis ich abends mein letztes wort in
einem schluck auf treues publikum vernichte,
während eine lücke auf dem bettzeug klafft.

barcelona

ich kann dich hören
wie du grambefreit
wie du engumschlungen
gegenwart erlöst

mit stimmengewitter
zukunftswahn durch
deine gassen scheuchst

ich kann dich sehen
wie du zweifelsfrei
wie du sonnenschwer
träume entfaltest

mit lebensleichter
daseinslust die see
am strand verspeist

ich kann dich fühlen
wie du unverhüllt
wie du kummerfrei
schweigen brichst

mit frohsinnsort
zwei wunde seelen
aneinander knüpfst

und weil verhärmte damalssucht
vom hier und jetzt beleidigt wird,
schleppt sie grinsend ohne uns
ihre jubellichter weit und weiter fort

hausgemacht

unsachlich will nicht messer
kerben in einem hinterhaus
in stufen achtsam treppen
hinauf verschneiden müssen

vielmehr abwärts tänzeln
mäusestimmen regentropfend
entlang betrübtem wanddekor
durch einen schmutzgezierten

irrsinnsflur

und auch hier ein mildes grau
entsetzt sich schwatzend über
löcherliches teppichsprach-
gewirr dezent entfärbt hinweg

von fragmenten getäuscht
verläuft sich stille unverstellt
mit wehen mandelsplittern
an dem kalten mauerwerk

ist das nicht trauerschädlich –
eingepackt in windelwarmes,
von sinnbefreites potpourri?

wie viele monde?

ein wolkenloser tropfen nacht:
voll schuldentleerter herzen –
verrinnt planetenlos auf ihrer lippe.

jedes unbeschwerte seufzen:
wenn die hand im nacken weilt –
spielt mir lächelnd einen streich.

mondsüchtige reizfläche:
von augenblicklichtern verziert –
hetzt fremde zungen durch
speichelwarme mundlandschaften.

gähnende häuserschlucht:
aufgerissenes maul aus stein –
schlingt mit weichen zähnen
nass liebkoste fingerspielereien.

du hungerst mich:
doch meinen durst
verstille ich an ihr.
sie atmet schwer:
doch ich verbleibe
abermals an dir.

wo gefälschte liebelei
schlaflos an mir kostet,
wo der morgen rotverdreht
süßen schaum verspeist,
wo verlangen heimatlos
ein innehalten schweigt:
erdenke ich ein trugbild
voll verklärtem einstmalsduft …